Lernen ist nicht nur eine Frage des Fleißes, sondern vor allem auch der Methode – deshalb möchte ich euch besonders in der anstehenden Prüfungsvorbereitungsphase ein paar Lerntipps für Kaufleute im E-Commerce vorstellen. Gerade in einem praxisnahen und vielseitigen Beruf wie dem der Kauffrau oder des Kaufmanns im E-Commerce ist es hilfreich, das Lernen kreativ und alltagsnah zu gestalten. In diesem Beitrag erfährst du, wie du Lerninhalte besser verstehst, strukturierst, behältst und mit mehr Motivation in deinen Alltag einbaust.

Lerntipps während der Ausbildung / Umschulung
Eines vorweg: Um am Ende einer Ausbildung oder Umschulung eine Prüfung gut bestehen zu können, empfiehlt es sich natürlich, die gesamte Dauer am Ball zu bleiben! Während der Ausbildung oder Umschulung, können gewisse Methoden mit wenig Zeitaufwand helfen, weder die Lust am Lernen noch den Überblick zu verlieren. Aufschieben ist übrigens ausdrücklich erlaubt! Manche Inhalte versteht man zu einem späteren Zeitpunkt leichter, als in dem Moment, in dem es gerade behandelt wird. Hat man diese Themen aber erfasst und schaut man sie sich später noch mal gezielt an, wird man sich sehr wahrscheinlich leichter tun. Werden solche Themen allerdings nicht erfasst und eventuell zu spät oder gar nicht mehr vertieft, sind kurz vor der Prüfung Lücken manchmal nicht mehr so gut schließbar.
Praxisnah im Alltag Lernen integrieren
Ein Großteil des Lernens findet nicht zwangsläufig am Schreibtisch statt. Im Gegenteil: Gerade dann, wenn du unterwegs bist, kannst du viele Inhalte aus dem E-Commerce in deinem direkten Umfeld beobachten und reflektieren.
Beobachtungslernen beim Einkaufen
Im Supermarkt etwa lassen sich wichtige Konzepte wie Sortimentspolitik praktisch erkennen: Ist das Sortiment breit (viele verschiedene Warengruppen) oder tief (viele Varianten innerhalb einer Warengruppe)? Gibt es ein Beispiel für Cross-Selling, etwa eine Zitronenpresse, die gezielt bei Zitronen platziert ist? Welche Preisgestaltung fällt dir auf? Wird psychologisch mit 9,99 € statt 10,00 € gearbeitet, siehst du Staffelpreise oder Sonderangebote?
Solche Beobachtungen können sofort benannt oder zumindest fotografisch dokumentiert und später mit Hilfe von Fachbegriffen eingeordnet werden. Das sorgt dafür, dass Wissen nicht isoliert im Lehrbuch bleibt, sondern greifbar wird.
Englisch muss nicht dein Endboss sein, lerne nebenbei!
Auch Sprachkompetenzen (z. B. Englisch) lassen sich leicht in den Alltag integrieren. Lies täglich einen kurzen Artikel, schau Serien in Originalsprache mit Untertiteln oder höre englische Podcasts. Oft reicht es schon aus, wenn du dich täglich wenige Minuten mit der Sprache umgibst, um dein Verständnis spürbar zu verbessern. Wichtig ist die Regelmäßigkeit, nicht die Dauer – deshalb empfiehlt es sich, zu Beginn der Ausbildung Englisch fest in den Tagesablauf einzubinden.
Mindmaps als Strukturhilfe und Wiederholungswerkzeug
Mindmaps helfen dir, komplexe Inhalte zu ordnen, Zusammenhänge zu erkennen und deinen Lernstand zu reflektieren. Du kannst:
- Themen nach Lernfeldern oder Prüfungsbereichen strukturieren
- neue Begriffe direkt einpflegen
- Querverbindungen sichtbar machen
- Durch Wiederholung der Stichpunkte in deiner Mindmap Wissen auffrischen und ggf. Lücken frühzeitig erkennen und schließen
Tools wie XMind, MindMeister oder analoge Methoden eignen sich hervorragend dafür. Es gibt auch online Webanwendungen, die man gratis nutzen kann.
Üben – gezielt und kontinuierlich, auch mit KI-Unterstützung
Manche Themen lassen sich nur schwer im Alltag beobachten, etwa Rechnungswesen oder Kalkulation. Hier hilft es, gezielt zu üben.
Wiederholung und Anwendung sind entscheidend, um Sicherheit zu gewinnen. Nutze dafür:
- Übungsaufgaben aus Lehrbüchern
- Aufgaben deiner Dozenten oder aus Lernplattformen
- selbst erstellte Aufgaben (z. B. mit Hilfe von KI – bitte immer noch mal recherchieren, falls Du mit einer Lösung oder einer Ansicht der KI nicht übereinstimmst)
- oder digitale Tools wie Online-Rechner, Lernapps oder interaktive Tabellen
Insbesondere für:
- Betriebsabrechnungsbögen (BAB),
- Preiskalkulationen,
- Ergebnistabellen,
- Deckungsbeitragsrechnungen,
ist Übung zentral. Je häufiger du damit arbeitest, desto besser verstehst du die Logik und Zusammenhänge.
Fachbegriffe verknüpfen und wiederholt anwenden
Fachbegriffe sind oft die größte Herausforderung im E-Commerce, denn sie tauchen in unterschiedlichsten Kontexten auf. Wer Begriffe mehrfach und in verschiedenen Zusammenhängen sieht, versteht sie besser.
Beispiel: „Retention“
- In der Customer Journey: Phase der Kundenbindung
- Als Kennzahl: Retentionrate misst den Anteil gebundener Kunden
Verknüpfst du beides, verstehst du automatisch, dass sich die Retentionrate auf einen Vergleichswert beziehen muss. In der Praxis wird sie berechnet als:
Gebundene Kunden / Kunden zu Anfang einer Periode
Hilfreich ist:
- eigene Begriffssammlungen anzulegen
- Begriffe in Mindmaps einzubinden
- Quizze zu erstellen bzw. zu machen
Wer schreibt, der bleibt – mit Stift und Papier
Handschriftliches Schreiben aktiviert andere Bereiche des Gehirns als Tippen. Laut Mangen & Velay (2010) fördert die Handbewegung beim Schreiben das Verständnis und das Behalten. Besonders für Themen, die einem immer wieder auf die Füße fallen, oder die man sich einfach nicht merken kann hilft es, wenn man diese handschriftlich und in eigenen Worten zusammenfasst.
Setze dir bewusst Schreibphasen:
- Erkläre Begriffe in eigenen Worten
- Notiere dir schwierige Inhalte mehrmals
- Fasse Themen schriftlich zusammen
Diese Technik eignet sich auch hervorragend für Wiederholungen kurz vor einer Prüfung. Und damit gehen wir auch schon über zu zwei weiteren Tipps, die euch vielleicht jetzt kurz vor der Prüfung helfen, noch letzte Lücken zu schließen.
Lerntipps kurz vor der Abschlussprüfung
Im Idealfall steht ihr kurz vor der Prüfung vor der Herausforderung, letzte Lücken zu schließen. Damit ihr fokussiert in der anspruchsvollen Phase der Prüfungsvorbereitung herangehen könnt, gibt es abschließend noch drei Tipps, die ihr anwenden könnt.
Prüfungsthemen kennen und Lernstruktur vorbereiten
Zu Beginn der Prüfungsvorbereitung empfehle ich unbedingt, einen Überblick über die wichtigsten Prüfungsthemen zu schaffen. Du kannst dir einen Prüfungskatalog beispielsweise beim U-Form-Verlag kaufen, falls du noch keinen hast. Natürlich dient dieser insbesondere dazu, einen Rahmen zu haben. Besonders aktuelle Themen werden ebenfalls gerne aufgegriffen. Dennoch kannst du aus dem Prüfungskatalog schon mal Kernkompetenzen entnehmen, die von dir erwartet werden. Außerdem kannst du auch Prüfungen inklusive Lösungserläuterungen beim U-Form-Verlag kaufen und damit üben.
Sobald du die wichtigsten Themen kennst, kannst du deine individuellen Pain-Points priorisieren und deinen Lernerfolg steigern.
Nutze gerne meine Kick-off-Angebote, um dich optimal während deiner Prüfungsvorbereitung zu orientieren.
Eselsbrücken und Geschichten helfen beim Erinnern
Besonders bei Reihenfolgen (z. B. Kalkulationsschema) oder Formeln helfen Eselsbrücken, um Inhalte schneller und dauerhafter ins Langzeitgedächtnis zu überführen. Studien (z. B. Atkinson & Shiffrin, 1968) zeigen, dass Informationen besser behalten werden, wenn sie emotional oder erzählerisch eingebettet sind.
Ein Beispiel für das Kalkulationsschema:
Der Hersteller hat eine Liste, in dieser stehen Preise | Listeneinkaufspreis |
Wir verhandeln und erhalten einen Rabatt | – Rabatt |
Wenn wir so bestellen, erhalten wir eine Rechnung „auf Ziel“ | Zieleinkaufspreis |
Da wir aber schnell bezahlen möchten, können wir einen Skonto ziehen | – Skonto |
Schnelle Bezahlung ist wie bei Barbezahlung (Zug um Zug) | Bareinkaufspreis |
Um die Ware zu beziehen fallen Versand-/Frachtkosten an | + Bezugskosten |
Nun kommt die Ware an, wie beziehen sie, bzw. sie „steht bei uns (im Lager) ein“ | Bezugspreis / Einstandspreis |
Wir haben mit der Ware etwas Handlungen zu tun (Kontrolle, Einlagern, Einstellen…) | + Handlungskosten |
Sobald das einberechnet ist, wissen wir, was es uns selbst kostet | Selbstkosten |
Da wir nicht die Caritas sind, möchten wir auch einen Gewinn erzielen | + Gewinn |
Und ab hier, könnten wir eigentlich einfach oben abschauen, denn nun geht das Spiel rückwärts: Aus „Einkaufspreisen“ werden „Verkaufspreise“ | |
Das ist der mindeste Preis, den wir von unseren Kunden verlangen, z.B. bei Barzahlung im Laden | Barverkaufspreis |
Wir preisen einen möglichen Skonto mit ein, oder rechnen eine Provision auf (im E-Commerce häufig) | + Skonto + Provision |
Rechnungen, die wir so an unsere Kunden stellen, müssen sie mit Zahlungsziel bezahlen | Zielverkaufspreis |
Einen möglichen Rabatt kalkulieren wir auch noch ein | + Rabatt |
Und last but not least haben wir unseren Angebotspreis, den schreiben wir wieder in eine Liste | Listenverkaufspreis |
Verpackt in eine Geschichte lässt sich dieser Ablauf einfacher merken. In einer Prüfung könnt ihr dann diese Geschichte im Kopf durchgehen, das Schema aufschreiben und habt damit schon mal den Grundbaustein gelegt, um auch die Kalkulation durchzuführen.
Lern-Post-its: Wiederholung durch Sichtbarkeit
Wenn du bestimmte Begriffe, Formeln oder Regeln einfach nicht behalten kannst, platziere sie dort, wo du sie immer wieder siehst:
- Kühlschrank
- Spiegel im Bad
- Tür zur Toilette
- Über dem Herd (aber nicht auf der Herdplatte!)
Durch diese ständige Wiederholung bildet dein Gehirn eine Verknüpfung mit dem Ort. Das hilft dir, den Begriff oder die Formel in einer Prüfungssituation schneller abzurufen